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Vom Provokateur zum Partner

Marathon-Veranstalter Gernot Weigl und der Deutsche Leichtathletik-Verband

sind jetzt Partner.

Aus dem Medien-Marathon München wird der München-Marathon, aus dem Provokateur und Prozessgegner Gernot Weigl wird der Veranstaltungspartner für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), aus dem Marathon für »Local Heroes« wird mit der Vergabe der Deutschen Meisterschaften (DM) für die Dauer von drei Jahren die Premium-Veranstaltung für den DLV und seinen Ausrüstungspartner Nike. Daneben ist Weigls Agentur Runabout auch Veranstalter des Freiburg-Marathons, der seit seiner Premiere 2004 erstaunliche Teilnehmerzahlen aufweist, weshalb Weigl mit dem Badischen Leichtathletik-Verband jedoch auch im Clinch lag wegen der obligatorischen Verbandsabgabe. Mit Gernot Weigl sprach unser Mitarbeiter Wilfried Raatz.

Herzlichen Glückwunsch zur Übertragung der Deutschen Marathon-Meisterschaften für die kommenden drei Jahre. Ist dies der Ritterschlag nach dem Gezänk der Vergangenheit oder auch Beleg für die Hilflosigkeit und desolate Situation des DLV?

Gernot Weigl: Es ist schon eine dubiose Situation. Zunächst ist man vor Gericht zugange, dann verhandelt man mit dem DLV über eine mittelfristig angelegte Partnerschaft. Mit der Integrierung in einen großen Citymarathon wird die Deutsche Meisterschaft natürlich aufgewertet. Da München bislang keinen Ausrüstersponsor hatte, ist dies für Nike als Hauptsponsor des DLV eine gute Möglichkeit, sich beim München-Marathon zu präsentieren. Die Umbenennung ist zugleich ein Umbruch, denn der Medien-Marathon ist nie zu einem Marathon für Medienschaffende geworden, schon gar nicht mehr nach dem Umzug vom ersten Standort Unterföhring (dem Standort von TV-Sendern wie Pro7, Sat1 oder Premiere, Anmerkung d. Red.) ins Olympiastadion. Die Umbenennung ist aber auch als eine klare Positionierung der Stadt München zum Marathon zu verstehen.

Welche Chancen sehen Sie damit für den München-Marathon?

Der Stellenwert ist für uns ein ungleich besserer geworden, denn mit den Deutschen Meisterschaften wird der München-Marathon deutlich aufgewertet. Nach dem Teilnehmerrückgang von 16 Prozent können wir für 2006 bereits mit einem Aufwärtstrend rechnen und hoffen auf 10000 Teilnehmer. Mit Nike werden wir einen neuen Partner haben, der wie Karstadt den Status eines Co-Sponsors erhalten wird. Es wird darauf ankommen, welche Vorstellungen Nike hat und wie diese umgesetzt werden können.

Wie ist diese plötzliche Kehrtwende des Verbandes zu erklären?

Der Deutsche Leichtathletik-Verband ist auf uns bzw. auf die Olympiapark-GmbH zugegangen. Durch die neue Fußballarena ist eine neue Situation für die Betreiber-GmbH entstanden; mit dem Marathon ist wenigstens die Leichtathletik weiterhin im Olympiastadion in München präsent. Der DLV sah sich wohl nicht zuletzt auf Druck des neuen Ausrüsters gezwungen, eine neue DM-Konzeption zu präsentieren. Das schien wohl am ehesten in München umsetzbar zu sein. Mit dem Bayerischen Leichtathletik-Verband haben wir bislang keinen Kontakt gehabt.

In die Öffentlichkeit sind bislang recht diffuse Informationen über Ihren Streit als Veranstalter der Marathonläufe in München und Freiburg mit dem DLV bzw. den Landesverbänden in Bayern und Baden gedrungen. Geben Sie uns doch bitte einen kurzen Abriss über die gerichtliche Auseinandersetzung der reichlich verworrenen Situation.

Das Landgericht München hat den Medien-Marathon-München letztes Jahr verurteilt, die Genehmigungsgebühren für die Jahre 2003 und 2004 in Höhe von 4388,50 Euro nebst anteiliger Zinsen zu bezahlen. Wir hatten die teilnehmerbezogene Forderung seitens des DLV bzw. des BLV (Bayerischer Leichtathletik- Verband, d. Red.) abgelehnt, weil eine adäquate Gegenleistung fehle, waren aber bereit, aufgrund einer abzuschließenden gesonderten Individualvereinbarung freiwillige, zweckgerichtete Zahlungen zu leisten. Wir haben zugleich vor dem Landgericht Bonn einen Prozess gegen den DLV als Herausgeber sowie gegen die Vermarktungsagentur B & R-Medienservice gewonnen. Im Herbst 2004 hatte man uns eine Insertion für den Freiburg-Marathon verweigert. Durch das Urteil vom 12. Mai 2005 wurden uns Schadensansprüche in Höhe von 6000 Euro zugestanden.

Wie gestaltet sich die Situation in Freiburg?

Wir haben einen siebenjährigen Kooperationsvertrag und eine zweijährige Option mit der städtischen Tourismus- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft FWTM GmbH (Freiburg Wirtschaft, Tourismus und Messe, Anmerkung d. Red.). Sowohl wir als Veranstalter als auch die Stadt Freiburg können auf einen großen Erfolg des Marathons verweisen. Oberbürgermeister Dr. Dieter Salomon hat im Sommer bereits in einem Schreiben an den Baden-Württembergischen Städtetag verdeutlicht, dass die Stadt Freiburg die für den Marathonlauf erforderliche straßenverkehrsrechtliche Erlaubnis nicht von der Genehmigung eines Leichtathletikverbandes abhängig machen kann. Der OB geht sogar so weit, dass er eine Ablehnung seitens der Genehmigungsbehörde als »ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig« einschätzt. Für 2004 hatten wir mit dem damaligen BLV-Präsidenten Motzenbäcker (Badischer Leichtathletik-Verband, d. Red.) eine zweckgebundene Entrichtung der Gebühren erreicht, die für 2005 vom inzwischen gewählten neuen BLV-Präsidenten Eckstein abgelehnt wurde. Wir wären auch bereit gewesen, einen höheren Betrag zu leisten. Da dies abgelehnt wurde, haben wir 7500 Euro an drei gemeinnützige Einrichtungen in Freiburg zur Verfügung gestellt. Die Verweigerung einer Veranstaltungsgenehmigung hat dem Freiburg-Marathon mit einer Teilnehmersteigerung um 50 Prozent weiteren Zuspruch gebracht, nur eine Handvoll Läufer haben dem Verband gegenüber ihre Solidarität bekundet und haben von einem Start abgesehen.

Wie geht es jetzt in Freiburg weiter?

Die Runabout Sportmarketing GmbH hat die Veranstaltung ordnungsgemäß angemeldet und sie wird auch genehmigt werden. Da der Freiburg-Marathon über 4000 Teilnehmer hat, ist nämlich nicht mehr der BLV, sondern der DLV für die Genehmigung zuständig. Während der BLV uns immer wieder anhält, einen Pro-Forma-Verein zu gründen, erkennt der DLV die Runabout GmbH als Veranstalter in Freiburg wie auch schon zuvor in München an. Seitens der Stadt Freiburg wäre auch ein derartiger Scheinverein nicht gewünscht. Bei meiner Auseinandersetzung mit dem DLV bzw. BLV wollte ich aber auch für Runabout eine Gleichstellung mit den traditionellen Ausrichtervereinen erreichen. Dies haben wir nun teilweise auch erreicht. Letztlich hat sich der DLV aber über seine eigenen Gesetze und Verordnungen hinweggesetzt und nun durch die Vereinbarung mit Runabout Fakten geschaffen. Wir fühlen uns letztlich bestätigt in unserem Vorgehen und sind damit der erste Veranstalter, der mit dieser Veranstalterform anerkannt wird. Das sollte wegweisend für künftige Veranstalter sein.

Die Probleme mit dem Ruhrmarathon, wo die veranstaltende Agentur Idko aufgrund eines noch fehlenden Hauptsponsors den

Termin zunächst um ein halbes Jahr nach hinten in den Herbst gelegt hat, könnte ja auch dem Argument Schützenhilfe geben, private Agenturen, die ja auf Profit schauen müssen, seien ein Risiko für die Seriosität auf Veranstalterebene. Wie stellen Sie sich als

Agenturchef dazu?

Ich denke, das Risiko ist immer gleich. Ein Verein kann gut oder schlecht planen und wirtschaften, genauso wie eine kommerzielle Agentur. Auch ist eine kommerzielle Agentur kein Garant für eine gute Veranstaltung, genauso wenig wie ein traditioneller Verein. Beispiele dafür gibt es genug. Eines steht jedoch fest, Großveranstaltungen im Laufbereich mit über 10000 Teilnehmern können zukünftig nicht mehr nur von ehrenamtlichen Vereinsvorständen organisiert werden. Hier bedarf es erfahrener Eventagenturen die auch bei den Partnern, Sponsoren und den Genehmigungsbehörden in den Städten entsprechende Akzeptanz finden. Ehrlich gesagt verstehe ich die aktuelle Diskussion um kommerzielle Agenturen nicht. Es ist nicht neu, dass professionelle Veranstalter Laufevents organisieren. Ich erinnere mich, dass bereits im Jahre 1987 der Frankfurt Marathon von der Frankfurter Eventagentur macona und der unvergesslichen Irmgard Heckelsberger mit Erfolg organisiert wurde. Auch sieht man am aktuellen Beispiel des Nürnberg Marathons, der nach nur zweijährigem Bestehen heuer aufgeben musste, dass ein Verein nicht immer in der Lage ist, ein Event dieser Größenordnung zu stemmen. Ich denke, es kommt nicht auf die Gesellschaftsform des Veranstalters an, sondern vielmehr darauf, wer das bessere Konzept hat und den längeren Atem.

Vielen Dank für das Gespräch.

Aus: RUNNER’S WORLD, Märzausgabe 2006