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Thema des Monats Juli: Schwangerschaft und Sport – was Frauen beachten sollten

Noch vor wenigen Jahren war Sport während der Schwangerschaft ein

absolutes Tabu.  Es bestand Sorge hinsichtlich der

Verletzungsgefahr Sport treibender Schwangerer und deren ungeborenen

Babys. Auch eine mögliche Überwärmung oder Beckenbodenverhärtung durch

die körperliche Aktivität wurden als Problemfelder diskutiert.

Inzwischen weiß man, dass auch Schwangere von regelmäßiger Bewegung

profitieren und sich einige typische Schwangerschaftsprobleme vermeiden

lassen. Frauen, die während der Schwangerschaft regelmäßig aktiv sind,

leiden zum Beispiel seltener an Thrombosen und Krampfadern. Zugleich

hilft das körperliche Training psychischen Stress abzubauen, der

gegebenenfalls Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen begünstigt.

Dennoch ist natürlich eine gewisse Vorsicht erforderlich. Das

sportliche Training muss an die besonderen Bedingungen der

Schwangerschaft und die jeweilige Schwangerschaftsphase angepasst

werden. Schwangere sollten Überlastungen vermeiden und in der

fortgeschrittenen Schwangerschaft sollten bestimmte Sportarten

unterlassen werden.

Was ist erlaubt, was wird empfohlen? Das American College of

Obstetricians and Gynecologist (ACOG) publizierte im Januar 2002

folgende Empfehlungen und Richtlinien zu diesem Thema (aus: Deutsche

Zeitschrift für Sportmedizin, 12/ 2003, S. 369-370):

Die körperlichen Veränderungen während der Schwangerschaft

Bereits in der Frühschwangerschaft kommt es im mütterlichen

Organismus zu deutlichen Veränderungen, die die körperliche

Leistungsfähigkeit beeinflussen. Dazu zählen die kardiovaskulären

Adaptionen, wie der Anstieg des Blutvolumens (ca. 10% am Ende des 1.

Schwangerschaftsdrittels), der Anstieg der Herzfrequenz (ca. 20% im 2.

und 3. Schwangerschaftsdrittel) und des Schlagvolumens (30-50% in der

Mitte der Schwangerschaft). Der periphere Widerstand in den Gefäßen

sinkt und der arterielle Blutdruck fällt um 5-10 mmHg, was im

Zusammenhang mit der Zunahme der Gefäßversorgung von Uterus und

Plazenta steht.

Veränderungen treten auch in der Atmung ein. Die Sauerstoffaufnahme

ist in Ruhe um 10-20% erhöht. Besonders im 3. Schwangerschaftsdrittel

vergrößert sich die Atemarbeit durch den erhöhten Zwerchfellstand. Die

Folge: die aerobe Leistungsfähigkeit bei körperlicher Aktivität sinkt

in dieser Phase.

Zugleich bedeutet die Gewichtszunahme während der Schwangerschaft vor

allem für die Gewichts tragenden Gelenke (untere Extremitäten) eine

erhöhte Belastung. Durch die „bauchseitige“ Mehrbelastung kann sich

eine Hyperlordose (Hohlkreuz) entwickeln – eine häufige Ursache für

schwangerschaftsbedingte Rückenbeschwerden. Unter dem hormonellen

Einfluss (Östrogen, Relaxin) nimmt auch die Bänderfestigkeit ab. Diese

Instabilität kann zu Beschwerden im Bewegungsapparat führen.

Durch die beeinträchtigte Temperaturregulation besteht zudem die Gefahr

der belastungsinduzierten Hyperthermie, was zur Schädigung des Kindes

führen könnte. 

Fetale Reaktionen auf körperliche Aktivitäten der Mutter

Die Mehrdurchblutung der Muskulatur der Mutter durch die körperliche

Aktivität führt offenbar kaum zu Veränderungen in der kindlichen

Versorgung. Laut Literatur wurden nur geringe  Zunahmen(10 - 30 %

Schläge / Minute) der fetalen Herzfrequenz beobachtet. Es wurde kein

Einfluss der körperlichen Aktivität auf das kindliche Wachstum gesehen.

Welche Belastungen sind sinnvoll?

Grundsätzlich sind alle aeroben Belastungen (ausdauerorientierte

Sportarten) geeignet, auch ein Lauftraining, sofern der erhöhte

Energie- und Flüssigkeitsbedarf ausgeglichen wird und eine Überwärmung

vermieden wird. Im Hochsommer sollte das Training daher in die kühlen

Morgenstunden verlegt werden. Für die Belastungen gilt: der submaximale

Bereich sollte keinesfalls überstiegen werden. Mit Zunahme des

Körpergewichtes (2. und 3. Schwangerschaftsdrittel) sollten der

Trainingsumfang und die Trainingsintensität allmählich reduziert werden

und zu sportlichen Aktivitäten übergegangen werden, die den

mütterlichen Bewegungsapparat weniger belasten, z.B. Walking / Nordic

Walking, Rad fahren, Wassergymnastik, Schwimmen.

Auch gegen ein Krafttraining im Kraftausdauerbereich (niedrige

Gewichte, hohe Wiederholungszahlen) ist während der Schwangerschaft

nichts einzuwenden. Isometrische Übungen und das Heben hoher Gewichte

sollten allerdings vermieden werden. Bei gymnastischen Übungen ist ab

dem 2. Schwangerschaftsdrittel darauf zu achten, auf längere

Rückenlagen zu verzichten.

Eine unnötige Gefahr liegt in Sportarten mit einem erhöhten Sturz-

und Verletzungsrisiko und mit hohen Beschleunigungs- und Abbremskräften

bedeuten. Dazu zählen Kampfsport- und Spielsportarten, auch

Rückschlagspiele, Klettern, Tauchen, Fallschirmspringen und Ski alpin.

Sportverletzungen in der Schwangerschaft stellen durch die Diagnostik

(z.B. Röntgen) und ggf. Therapie (Operation, Narkose) mit Ruhigstellung

und Schonung, sowie einem erhöhten Thromboserisiko, eine zusätzliche

Gefahr für die Schwangere dar.

Prinzipiell gilt, dass diese Empfehlungen nur eine Orientierung

darstellen. Im individuellen Fall sollte immer mit einem Arzt

Rücksprache gehalten werden. Eine eingehende fachärztliche Beurteilung

der Sportfähigkeit in der Schwangerschaft ist zwingend erforderlich,

wenn medizinische Risikofaktoren wir Herz- oder Lungenerkrankungen,

Diabetes mellitus, Anfalls- oder Schilddrüsenerkrankungen bestehen.

Selbiges gilt bei Fehl- oder Frühgeburten in einer vorherigen

Schwangerschaft, bei Mehrlingsschwangerschaften oder bei Komplikationen

in der bestehenden Schwangerschaft (vaginale Blutungen, vorzeitige

Wehen, verlangsamtes Wachstum des Feten …). Zwar ist in solchen Fällen

auch nicht immer ein generelles Sportverbot für die Schwangere

angezeigt, jedoch gilt es, die genannten Risiken bei der Auswahl und

Ausübung der betreffenden Sportarten zu berücksichtigen.

Wichtige Warnsignale, bei denen Sie einen Arzt aufsuchen sollten

• Vaginale Blutungen

• Dyspnoe (Atemnot) vor Erschöpfung

• Verwirrtheit

• Kopfschmerzen

• Brustschmerzen

• Muskelschwäche

• Wadenschmerzen oder -schwellungen

• Abnahme kindlicher Bewegungen

• Vorzeitige Wehen

• Verlust von Fruchtwasser

Welche Vorteile bringt ein dosiertes sportliches Training während der Schwangerschaft?

Insgesamt steigert Sport das Wohlbefinden der Schwangeren.

Ausdauerorientierte (aerobe) Belastungen erhalten die körperliche

Leistungsfähigkeit während der Schwangerschaft bis zur Zeit der

Entbindung und des Wochenbettes. Die Sauerstoffversorgung von Mutter

und Feten wird, bedingt durch die positiven Effekte der aeroben

Belastung auf Plasma- und Blutvolumen, verbessert. Die Bildung von

Thrombosen, Krampfadern und Hämorrhoiden kann durch mäßig betriebenen

Sport vorgebeugt werden. Ferner hilft körperliches Training psychischen

Stress abzubauen, der sonst gegebenenfalls Schwangerschaft- und

Geburtskomplikationen begünstigt. Das körperliche Training erhält und

stärkt die Kraft der Bauch- und Rückenmuskulatur und reduziert somit

Beschwerden im Bereich des Bewegungsapparates.