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Thema des Monats Februar: Die populärsten Irrtümer rund ums Laufen

Im Trainingsgeschehen halten sich seit Jahren hartnäckig Wahrheiten, die sich bei näherer Betrachtung allerdings vielmehr als Halbwahrheiten herausstellen und in die Irre führen. Je populärer eine Meinung ist, so scheint es, umso eher müsse sie auch stimmen. Und desto viel versprechender so genannte Fitness-Produkte beworben werden, desto wirksamer sind sie auch. Weit gefehlt, wie die folgenden Beispiele zeigen.

 

1. Laufen auf Asphalt ist schädlicher als auf Waldboden

Ein gut gefederter Waldboden, so sind sich die selbsternannten Experten einig, ist das einzig Wahre für Rücken und Gelenke. Weit gefehlt. Waldboden ist zwar weicher, aber zugleich ist die Verletzungsgefahr durch die Unebenheiten des Untergrundes wesentlich höher. Und wird das Training nach Verletzungen wieder aufgenommen, so ist das Laufen auf dem stabilen Boden Asphalt sogar schonender, da sich der Fuß seitlich weniger belastet wird.

Für die Teilnahme an einem City-Lauf sollten Sie sich in jedem Fall mit dem entsprechenden Schuhwerk auch auf Asphalt vorbereiten. Unser Trainingswissenschaftler Jürgen Lock rät: „Ideal ist ein Wechsel von Asphalt- und Waldläufen, denn so können Sie Ihre Sehnen und Gelenke trainieren und für verschiedene Böden vorbereiten.“

 

2. Starkes Schwitzen ist ein Zeichen mangelnder Fitness

Wer besonders stark schwitzt, kann einfach nicht fit sein. Falsch! Dr. med. Lars Brechtel aus dem Medical Team erklärt: „Schweiß ist die Klimaanlage unseres Körpers und regelt den Temperaturausgleich. Durch das Training lernt der Körper, sich besonders effizient abzukühlen. In dem das Blut mittels kleiner Blutgefäße verstärkt zur Hautoberfläche gepumpt wird, wird Hitze abgeleitet. Gleichzeitig erhöhen die Schweißdrüsen ihre Sekretion. Schwitzen ist daher ein Ausdruck eines guten Trainingszustandes, kann aber bei körperlicher Belastung individuell sehr unterschiedlich sein. Bis zu 2 Liter Flüssigkeit können gut Trainierte während einer Stunde Training verlieren. Daher gilt: Achten Sie auf einen ausreichenden Flüssigkeitsausgleich während und nach dem Training. Den Bedarf können Sie ermitteln, indem Sie sich vor und nach dem Training wiegen. Die Differenz entspricht weitestgehend dem Flüssigkeitsverlust.“

 

3. Carnitin beschleunigt den Fettabbau und verbessert die Muskelleistung

Carnitin transportiert langkettige Fettsäuren durch die Mitochondrienmembranen. Dort, in den so genannten „Kraftwerken der Zelle“, werden die Fettsäuren zwecks Energiegewinnung oxidiert oder „verbrannt“. Aus diesem biochemischen Fakt zogen die Frauen- und Diätpresse den messerscharfen Schluss: Wenn Carnitin zum Fettverbrennen nötig ist, dann muss Mann oder Frau mit mehr Carnitin auch mehr Fett verbrennen können. Und so bekam Carnitin mit der Zeit den Ruf, ein echter Kraftstoff zu sein, der Fettmoleküle verheizt, sie in Energie umwandelt und so verhindert, dass sie in Pölsterchen an Po und Bauch ablagern. Ganz abgesehen davon, dass Carnitin nichts “verheizt“, sondern nur der “Lastesel“ für den Fettsäuretransport ist, wird Carnitin auch in ausreichender Menge von Leber und Nieren bereitgestellt. Überflüssiges Carnitin scheidet der Körper über den Urin sofort wieder aus. Ernährungswissenschaftlerin Dr. Sandra Kluge fasst zusammen: „Die Einnahme von Carnitin zur Verbesserung des Fettstoffwechsels ist ein sinnloses Unterfangen und füllt nur die Taschen der Anbieter.“

 

4. Trainingsfortschritt muss wehtun

Erst wenn die Waden wie Feuer brennen und der Puls rast, kommt die gewünschte Leistungssteigerung? Falsch! Unser Trainingswissenschaftler Jürgen Lock erklärt: „Ein effektives Training besteht aus Phasen der Belastung und Phasen der bewussten Regeneration zur Stabilisierung der Leistung. Sind die Trainingsreize auf Dauer zu hoch, kommt es zum Übertraining, unsere Leistungsfähigkeit sinkt und wir sind anfälliger für Verletzungen und Krankheiten. Für die Praxis gilt daher, dass intensive Trainingseinheiten immer wieder durch lange extensive und kurze regenerative, das heißt bewusst lockere Trainingseinheiten abgefedert werden müssen. Zugleich benötigt der Körper je nach Intensität und Umfang des Trainings verschieden lange Regenerationszeiten zur Wiederherstellung seiner Funktion und seiner Superkompensation. Auch dabei kommt es auf die richtige Dosierung an, denn sowohl zu kurze als auch zu lange Regenerationszeiten verhindern eine kontinuierliche Leistungsentwicklung.“

 

5. Isodrinks sind wichtig, um die Mineralverluste beim Sport auszugleichen

Sobald die ersten Schweißtropfen von der Stirn rinnen, greift der übereifrige Freizeitsportler zum Isodrink. Schließlich gilt es, den Mineralstoffverlust so schnell wie möglich auszugleichen.  Die handelsüblichen Fitnessgetränke versprechen dabei größte Erfolge. Aber halten sie auch ihre Versprechen? Ernährungswissenschaftlerin Dr. Sandra Kluge erklärt: „Die Besonderheit der Isodinks besteht darin, dass sie isoton sind oder sein sollen. Als isoton bezeichnet man Lösungen, die eine definierte Anzahl an gelösten Teilchen, egal welcher Art, enthalten. Eine Eigenschaft, die wichtig ist, wenn eine Flüssigkeit über einen Tropf direkt ins Blut gelangen soll. Für unseren Flüssigkeitsausgleich beim Sport ist dies allerdings nicht relevant. Unser Schweiß enthält vor allem Wasser und möglichst wenig Mineralstoffe – er soll den Körper schließlich kühlen und nicht salzen. Zwar kann starkes Schwitzen über einen langen Zeitraum auch zu einem Natriummangel führen, aber hier nützen Isodrinks wenig. Da Salzwasser widerwärtig schmeckt und den Brechreiz fördert, fügen auch die Getränkehersteller nur wenig Salz in ihre Brausen. Denn diese sollen vor allem gut schmecken.“ Auch zahlreiche Studien haben sich dem Nutzen von Isodrinks gewidmet. Das Ergebnis: Bei keinem Getränk konnte eine andere Wirkung als bei einer herkömmlichen Apfelschorle festgestellt werden.


6. Wer Sport treibt, kann alles essen

Zwei bis drei Läufe pro Woche durch den Stadtpark und der Schlemmermarathon ohne Gewichtszunahme kann beginnen? Richtig ist, dass körperlichen Aktiven das Fett in der Nahrung nicht so viel anhaben kann. Aber auch Sportler, betont unsere Ernährungswissenschaftlerin Dr. Sandra Kluge, sollten nicht hemmungslos schlemmen, wenn sie kein Fett ansetzen wollen. Denn: Wer mehr aufnimmt als er verbraucht, nimmt zu.

 

7. Muskelkater kommt von der Milchsäure

Das weiß jeder, am Muskelkater ist die Milchsäure – auch Laktat genannt – schuld.  Aber deswegen stimmt die Aussage noch lange nicht. Dr. med. Lars Brechtel aus dem Medical Team erklärt: „Es stimmt, dass im Muskel Laktat entstehen kann. Dies ist der Fall, wenn Glukose unvollständig verbrannt wird, wie es bei der so genannten anaeroben Glykolyse geschieht. Bei diesem Stoffwechselprozess kann sich der Muskel für solche Leistungen mit Energie versorgen, bei denen Kraft und Schnelligkeit über mittlere Zeiträume gefragt sind. Dabei häuft sich Laktat im Muskel an und wir spüren ein schmerzhaftes Brennen. Bei der aeroben Glykolyse wird Glukose mit Hilfe von Sauerstoff zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut. Mit Muskelkater hat das Muskelbrennen durch die erhöhte Laktatkonzentration allerdings nichts zu tun. Muskelkater tritt in der Regel erst Stunden nach der Belastung auf – dann wenn das Laktat schon längst wieder abgebaut ist. Untersuchungen von Muskelgewebe haben ergeben, dass Muskelkater von feinen Rissen in den Muskelfasern rührt. Diese entstehen, wenn der Muskel bei großer Kraftbelastung einer zu hohen Spannung ausgesetzt wird, wie etwa bei ungewohnten Bewegungen, Sprüngen und Bergsteigen.“

 

8. Was Besseres scheint es nicht zu geben: Sauerstoffwasser!

„Sauerstoffwasser“ scheint es, ist der Rolls Royce unter den Fitness-Getränken. Knapp bei Luft fühlen wir uns doch alle, wenn es anstrengend wird – eine ordentliche Portion zusätzlicher Sauerstoff kann also nicht schaden. Aber was ist eigentlich dran am Fitnesselixier „Sauerstoffwasser“?

Dr. Sandra Kluge, Ernährungswissenschaftlerin erklärt: „Ohne Sauerstoff gibt es kein Leben. Der Mensch atmet täglich eine Menge ein, die zusammengenommen bis zu 20 Pfund wiegt. Mit zwei Litern „Sauerstoffwasser“ schluckt man allerdings höchstens ein halbes Gramm, das im Magen und nicht in der Lunge landet. Und dort brauchen wir die zusätzliche Portion Sauerstoff nun wirklich nicht. Ansonsten tät es auch gelegentliches Luftschlucken – und das führt bekanntermaßen nur dazu, dass wir aufstoßen müssen.“