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Paul Tergat schreibt Marathon-Geschichte beim real,- BERLIN-MARATHON

Paul Tergat hat beim 30. real,- BERLIN-MARATHON ein Stück

Leichtathletik-Geschichte geschrieben. Der Kenianer krönte das

Jubiläum mit einem Weltrekord. “Irgendwann kommt ein Kenianer und

läuft 2:05 Stunden. Vielleicht passiert das in Berlin, denn die Strecke

ist gut für eine solche Zeit.“ Diese Aussage stammt von Dieter

Hogen, dem Trainer der deutschen Marathonrekordlerin Uta Pippig, und ist acht

Jahre alt. Was damals, als Hogen neben Uta Pippig auch den Kenianer Sammy Lelei

in Berlin zum Sieg geführt hatte, viele mit ungläubigem Staunen

aufnahmen, ist gestern beim 30. real,- BERLIN-MARATHON eingetreten: Paul

Tergat, der beste kenianische Langstreckenläufer, krönte das

Jubiläumsrennen mit einem Weltrekord. Mit einer Zeit von 2:04:55 Stunden

durchbrach der 34-Jährige als erster Läufer die 2:05 Stunden und

schrieb ein Stück Leichtathletik-Historie. “Als ich ins Ziel lief,

konnte ich die Zeit zunächst nicht glauben. Ich hatte an 2:05 Stunden

gedacht, aber dann sah ich auf der Uhr 2:04 – das war ein tolles

Gefühl. Im ersten Augenblick fehlten mir die Worte. Ich habe lange und

hart für solch einen Erfolg trainiert – jetzt hat sich dieser

Einsatz endlich ausgezahlt“, sagte Paul Tergat, der im Ziel als erstes

seiner Frau um den Hals fiel. “Ich möchte mich aber auch bei meinem

Manager und bei den Organisatoren bedanken, dass sie mir dieses Rennen

ermöglicht haben.“ Fünfmal war Paul Tergat bisher Marathon

gelaufen. Doch erst im sechsten Rennen in Berlin gelang ihm der erste Sieg.

Dreimal war er Zweiter, zweimal Vierter – und das jeweils in London

beziehungsweise Chicago. Im April 2002 lief er in London 2:05:48 Stunden

– das wäre Weltrekord gewesen, wenn ihn nicht Khalid Khannouchi

(USA) auf dem letzten Streckenabschnitt zuvor gekommen wäre. Der

gebürtige Marokkaner hielt seitdem die Bestzeit von 2:05:38 Stunden. Auch

auf den Bahn-Langstrecken hatte Paul Tergat Pech, weil er sich parallel mit

Haile Gebrselassie um die Golmedaillen über 10.000 Meter streiten musste

– und dabei immer den kürzeren zog. Je zweimal war er Zweiter

über diese Strecke bei Olympia und bei Weltmeisterschaften – immer

geschlagen vom Äthiopier Gebrselassie. Fünfmal allerdings, so oft wie

kein anderer, wurde Paul Tergat Cross-Weltmeister, außerdem hält er

auch den Weltrekord im Halbmarathon (59:17 Minuten). 1997 stellte Paul Tergat

mit 26:27,85 Minuten einen 10.000-m-Weltrekord auf, den er jedoch ein Jahr

später wieder an Haile Gebrselassie verlor. Beim real,- BERLIN-MARATHON

hat Paul Tergat nun all denen bewiesen, die behaupteten, er sei die ewige

Nummer zwei, dass er sehr wohl die Nummer eins sein kann. “Ich habe mich

in den letzten Jahren nicht beirren lassen, denn ich wusste, dass meine Zeit

kommen würde. Es war das große Ziel, einen Weltrekord im Marathon zu

rennen“, erklärte der dreifache Familienvater, der in der Nähe

von Nairobi wohnt und dort in der leistungsfördernden Höhenluft

trainiert. In der trainingsintensivsten Zeit im August lief Paul Tergat dabei

zwischen 240 und 260 Kilometer in der Woche. Direkt aus Kenia war er am

Donnerstag in Berlin eingetroffen. Das Ergebnis in Berlin wertet Paul Tergat

als einen ganz besonderen Erfolg, vielleicht sogar den größten

seiner Karriere. “Das ist hier kein 10-km-Rennen, ein Crosslauf oder ein

Halbmarathon gewesen – es war der Marathon, die klassische Distanz. Ein

Weltrekord im Marathon ist ein außergewöhnlicher Erfolg“,

sagte der Kenianer. Das nächste große Ziel von Paul Tergat sind nun

die Olympischen Spiele im August 2004 in Athen. Eine Marathon-Goldmedaille dort

wäre die Erfüllung des zweiten großen Traumes für Paul

Tergat. “Die Olympischen Spiele werden mein letztes Rennen für Kenia

sein“, sagte er. Es wird aber nicht den Abschluss seiner Karriere

bedeuten. “Ich denke, ich habe im Marathon noch eine Zukunft von einigen

Jahren.“ Und was ist in der Zukunft noch möglich für Paul

Tergat? “Ich denke, heute haben wir alles gegeben, mehr war nicht drin.

Vielleicht könnte ich in der Zukunft noch einige Sekunden herausholen,

eventuell ist eine Zeit von 2:04:30 möglich – aber sicher kein

Resultat mit 2:03 Stunden.“ Nur ein bis zwei Sekunden hat Paul Tergat

definitiv gestern verloren. Das passierte, als er durch das Brandenburger Tor

rannte und dabei nicht den rechten Durchgang sondern den daneben wählte.

“Ich wusste nicht genau, wo ich durchlaufen sollte und hatte irgendwie

die Befürchtung: vielleicht haben sie das Ziel über Nacht

verlegt.“ Doch das Ziel konnte Paul Tergat nicht verfehlen. Es war nur

ein kleiner Umweg auf dem Weg zum besten Marathonergebnis aller Zeiten. Es war

passend zum Jubiläum das spektakulärste Rennen in der Geschichte des

BERLIN-MARATHON. Doch nicht nur das: gemessen an den Spitzenleistungen bei den

Männern war dieser real,- BERLIN-MARATHON das beste Rennen über die

klassische Distanz aller Zeiten. Zwei Läufer blieben unter 2:05 Stunden,

der drittplatzierte Kenianer Titus Munji rannte 2:06:15 – das ist immer

noch die achtbeste Zeit aller Zeiten. Nebenbei fielen im Männerrennen noch

zwei weitere Weltrekorde: Andres Espinosa war der erste Masters-Läufer

(über 40 Jahre), der unter 2:10 Stunden rannte. Der mexikanische Sieger

des New-York-Marathons von 1993 lief hochklassige 2:08:46 Stunden und wurde

damit Vierter. Die drei Kenianer Tergat, Korir und Munji stellten zudem einen

Team-Weltrekord auf, der allerdings nicht offiziell geführt wird. Das Trio

benötigte insgesamt 6:16:06 Stunden – das heißt, im

Durchschnitt blieben sogar alle drei unter der vorherigen Weltrekordzeit des

US-Amerikaners Khalid Khannouchi (2:05:38). Die alte Team-Bestmarke, die

ebenfalls ein kenianisches Trio hielt, stand bei 6:20:26. Dass Paul Tergat

Weltrekord lief, war angesichts der idealen Witterungsbedingungen eigentlich

keine Überraschung. So sensationell die erste Marathonzeit unter 2:05

Stunden auch wirken mag, einem Paul Tergat war sie zuzutrauen. In der

Vergangenheit hatte es in Berlin schon mehrfach große kenianische Sieger

gegeben. Erst im vergangenen Jahr triumphierte Raymond Kipkoech in der

Weltklassezeit von 2:06:47 Stunden. Doch es waren bisher eher relativ

unbekannte Kenianer, die für Furore sorgten. Nun kam der beste Kenianer

– und das Ergebnis ist ein Weltrekord, der zeigt, dass diese Berliner

Marathonstrecke kombiniert mit perfekten Wetterbedingungen vielleicht die

besten Voraussetzungen für schnelle Rennen bietet.