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Lance Armstrong: „Ich bewundere die Läufer jetzt noch mehr“

Sieben Mal hat Lance Armstrong die Tour de France gewonnen, ununterbrochen in Reihenfolge von 1999 bis 2005. Der US-Amerikaner hat damit Sportgeschichte geschrieben, denn keinem anderen Athleten gelangen bisher sieben Siege bei der Tour. Der 35-Jährige hatte im vergangenen Sommer nach der Tour de France in Paris seine Karriere als Radprofi beendet und ist im November beim ING New York City-Marathon seine Premiere über die klassischen 42,195 km gelaufen. Das Rennen gehört wie der BERLIN-MARATHON zur Serie der World Marathon Majors (WMM). Unterstützt von den prominenten Tempomachern Alberto Salazar (Ex-New-York-Sieger) und Joan Benoit Samuelson (ehemalige Marathon-Olympiasiegerin und Weltrekordlerin/beide USA) sowie Hicham El Guerrouj (Mittelstrecken-Serienweltrekordler und Olympiasieger/Marokko) erreichte Lance Armstrong nach 2:59:35 Stunden das Ziel und belegte Platz 869.

Wie war der erste Marathon für Sie?

Lance Armstrong: „Es war hart, sehr hart. Es war die härteste physische Belastung, die ich erlebt habe. Ich hätte nie gedacht, dass es so anstrengend ist. Ich bewundere die Marathonläufer jetzt noch viel mehr als vorher. Ich weiß wirklich nicht wie die Top-Läufer das machen.“

Wie sind Sie überhaupt darauf gekommen, einen Marathon laufen zu wollen und warum ausgerechnet in New York?

Lance Armstrong: „Es war schon immer mein Ziel, einmal einen Marathon zu laufen. Ich dachte, nachdem ich das professionelle Radfahren aufgegeben hatte, dies ist ein Sport der einfacher planbar ist, denn laufen kann man auch wenn man unterwegs ist. Aber wie gesagt, dachte ich auch, dass ein Marathon leichter wäre. Im letzten Jahr meiner Karriere habe ich überlegt, fortan einmal im Jahr einen Marathon zu laufen – aber ob ich das nun wirklich mache, weiß ich noch nicht. Es ist ja das erste Mal gewesen. Und New York City ist eine tolle Stadt. Ich bin hier jedes Mal nach meinen Tour-Siegen empfangen worden, und es war jedes Mal klasse.“

Gab es einen bestimmten Zeitpunkt als ,der Mann mit dem Hammer’ kam?

Lance Armstrong: „Nein, ,der Mann mit dem Hammer’ kam nicht plötzlich. Es wurde einfach stetig immer anstrengender. Ich glaube, das ging los als wir nach Manhattan kamen. Die zweite Hälfte hat wehgetan, und auf den letzten zehn Kilometern haben meine Beine wirklich gebrannt. Zwischendurch hätte ich gerne mal angehalten und mich gedehnt, aber ich wollte es nicht vor der Lance-Kamera machen (das Rennen von Armstrong war nonstop im Internet zu sehen, d. Red.), das wäre mir unangenehm gewesen.“

Wie wichtig war es Ihnen, die Drei-Stunden-Marke zu brechen?

Lance Armstrong: „Vor dem Rennen war das mein oberstes Ziel. Ich wollte unter drei Stunden laufen. Aber wenn Sie mir sieben Kilometer vor dem Ziel gesagt hätten, ich würde 3:05 Stunden laufen, wäre es mir total egal gewesen. Auf dem letzten Kilometer habe ich dann gesehen, dass ich die Zeit erreichen kann, wenn ich ein wenig das Tempo anziehen würde. Hicham El Guerrouj und Joan Benoit haben mich da sehr unterstützt. Aber ehrlich gesagt war ich am Ende so müde, dass es mir egal war. Nun bin ich glücklich, es geschafft zu haben.“

Wenn Sie in L’Alpe d’Huez die Serpentinen hochgefahren sind, haben sie nicht so angestrengt ausgesehen wie jetzt nach dem New York City-Marathon. War der Marathon anstrengender?

Lance Armstrong: „Wenn ich mir anschaue, wie ich trainiert habe, dann ist der Marathon wirklich das härteste, was ich jemals gemacht habe. Ich bin nicht in einer super Verfassung gewesen. Ich glaube, ich habe nicht wirklich perfekt trainiert für einen Marathon, aber ich kann Ihnen sagen, dass in 20 Jahren Profisport – Ausdauersport, vom Triathlon bis hin zum Radfahren, der Tour de France und selbst die schlimmsten Tage der Tour – nichts so  anstrengend war wie das hier. Ich war nie so müde und erschöpft wie nach dem Marathon.“

Können Sie die Tour mit dem Marathon in New York vergleichen?

Lance Armstrong: „Nicht wirklich. Man muss bedenken, dass ich besonders in den letzten sieben Jahren der Tour in bestmöglicher Verfassung war. Es war mein Job. Ich wurde quasi dafür bezahlt, die Tour zu gewinnen. Ich habe dies sehr ernst genommen und dementsprechend täglich hart trainiert. Es war alles, was ich getan habe. Der Marathon ist dagegen einfach ein Ziel gewesen, das ich irgendwann mal erreichen wollte. Es ist kein Job, und es war nicht etwas für das ich tagein tagaus und Stunde um Stunde trainiert habe. Ich habe lediglich zwischen 45 Minuten und einer Stunde täglich dafür aufgebracht und nicht sechs oder sieben Stunden.“

Werden Sie im nächsten Jahr wieder einen Marathon laufen?

Lance Armstrong: „Ich weiß es nicht. Ehrlich, ich habe keine Ahnung. Ich würde sagen, es war eines dieser Events, das sehr speziell ist. Die Antwort zum jetzigen Zeitpunkt lautet: Nein, ich werde es nie wieder machen. Aber in einem Monat kann es schon wieder anders aussehen, und ich behalte mir das Recht vor, meine Aussage später zu revidieren. Es war dennoch etwas ganz besonderes hier, und ich werde es niemals vergessen.“

 

Kurze Zeit nach dem Interview hat Lance Armstrong erklärt, dass er im nächsten Jahr wieder beim ING New York City-Marathon an den Start gehen wird.