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Heinz Frei hofft auf Sieg Nummer 100

Heinz Frei wird in diesem Jahr zum 19. Mal beim real,-

BERLIN-MARATHON starten. Seine Bilanz hier in Berlin sieht einmalig aus

- 1985 trat er das erste Mal beim BERLIN-MARATHON an und konnte gleich

zum Sieg fahren. Am Sonntag möchte er bei seinem 20-jährigen

BERLIN-MARATHON-Jubiläum versuchen, zu seinem insgesamt 100. Sieg zu

fahren.

Sie sind in Berlin mittlerweile eine Legende,

aber viele wissen nicht wie Sie zum Rollstuhlsport überhaupt gekommen

sind. Wie fing alles an?

Heinz Frei: „Wie sie sich

vorstellen können, nicht ganz freiwillig. Bis zu meinem 20. Lebensjahr

bin ich ‚zu Fuß’ unterwegs gewesen. Bei einem Berglauf in der Schweiz

hatte ich dann einen schweren Unfall. Auf einer Alpweide bin ich

ausgerutscht und in eine Schlucht gefallen. Ich bin auf dem Rücken

aufgeprallt, brach ich mir meine Wirbelsäule und mein Rückenmark wurde

verletzt. Dann stand erst einmal Reha auf dem Programm und ich verlor

die Lust und den Mut an jeglicher Art von Sport. Früher habe ich

Leichtathletik gemacht und bin viel Radgefahren. Im Winter habe ich

dann immer Skilanglauf gemacht. Ich war also auch schon früher eher

einer derjenigen, der Ausdauersport betrieben hat und das war im

Nachhinein eine wichtige Grundvoraussetzung für mich. Nach einiger Zeit

litt ich dann unter Bewegungsarmut und ich wusste, dass ich etwas tun

muss. Also habe ich mit dem Rollstuhlsport angefangen und dann auch

irgendwann gemerkt, dass ich es eigentlich auch leistungssportlich

betreiben könnte. Dieser Prozess hat allerdings rund zwei Jahre

gedauert. Der Kopf stand mir oft im Weg, mit meinem neuen Körper aktiv

zu werden und den Mut zu fassen, etwas verändern zu wollen. Dann habe

ich aber die Faszination am Rollstuhlsport entdeckt und gemerkt, dass

ich auch im Rollstuhl schwitzen und Muskelkater bekommen kann.“

Nun sind Sie 47 Jahre alt und seit 1979 im Rollstuhl unterwegs. Wann war Ihr erster Sieg?

Heinz

Frei: „Mein erster Sieg war 1982 in Biel. Dort gibt es jährlich den

100-km-Lauf und innerhalb des Laufes auch einen Marathon. Allerdings

muss ich sagen, dass es damals nicht sehr viele Teilnehmer gab und ich

dadurch ein leichtes Spiel hatte. Seitdem bin ich dann aber öfter

Rennen gefahren, meist in der Schweiz und immer mit meinem

selbstgebauten Rollstuhl, denn richtige Rennrollstühle gab es zu dieser

Zeit kaum.“

Wie war Ihr erster Start beim real,- BERLIN-MARATHON im Jahr 1985?

Heinz

Frei: „Das war schon etwas ganz besonderes. Ein österreichischer

Kollege hatte mir von Berlin und der tollen Stimmung und Organisation

erzählt und mich letztlich überredet, dort auch mal zu starten, obwohl

ich das erste Jahr noch abgelehnt hatte, weil ich es für noch zu früh

hielt. Ich bin ja vorher nur in der Schweiz Rennen gefahren. Als ich

dann ’85 das erste Mal nach Berlin bin, war ich sofort von der Stadt

begeistert. Es war ja schon etwas Besonderes in dieser Stadt an dem

BERLIN-MARATHON teilnehmen zu dürfen. Es war immerhin wie auf einer

Insel die vom eisernen Vorhang eingeschlossen war. Das ich bei meinem

ersten Marathon in Berlin dann auch gleich gewinnen würde, hätte ich

mir natürlich nicht träumen lassen. Wir, das heißt die

Rollstuhlgemeinde, waren natürlich auch froh bei einem Rennen mit

integriert zu werden. Es gab zu diesem Zeitpunkt nicht allzu viele

Rennen für uns. Was auch unglaublich ist, ist dass ich in Berlin noch

nie einen Plattfuß hatte. Allein bei meinen vier Teilnahmen in Los

Angeles, hatte ich dreimal einen Plattfuß. Also auch das zeugt von der

guten Strecke und Organisation beim real,- BERLIN-MARATHON.“

Sie könnten am Sonntag in Berlin ihren 100. Sieg Ihrer Laufbahn erringen. Ist dieser für Sie von Bedeutung?

Heinz

Frei: „Natürlich wäre dieser Sieg für mich sehr wichtig und schön. Es

ist mein letztes großes Ziel. Ich möchte nicht darüber gehen.

Schließlich weiß ich nicht mal, ob ich jemals diesen 100. erreichen

werde, da ich ja auch nicht jünger werde und meine Konkurrenz nicht

schläft. Mir läuft die Zeit irgendwie davon. Es wäre natürlich etwas

Besonderes in Berlin diesen Jubiläums-Sieg zu erreichen, denn hier fing

ja schließlich vor 20 Jahren auch die Beziehung zu Berlin an. Es könnte

mein 16. Sieg beim real,- BERLIN-MARATHON werden, und so weit ich mich

erinnere, habe ich keinen anderen Marathon so oft gewinnen können. Da

würde sich der Kreis natürlich irgendwie schließen.“

Wissen Sie schon was Sie einmal nach Ihrer so herausragenden Karriere machen werden?

Heinz

Frei: „Ich bereite mich seit längerem auf diese Zeit vor. Ich arbeite

mittlerweile bei der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung im Bereich

Nachwuchssport. Bei der Suisse Olympic (dem nationalen Olympischen

Komitee der Schweiz) mache ich seit einiger Zeit auch schon meine

Trainerausbildung für den Rollstuhlsport. Ich bleibe also beim

Rollstuhlsport und werde dann nur die Seiten wechseln.“

Wie gut sind Sie auf den real,- BERLIN-MARATHON am kommenden Sonntag vorbereitet?

Heinz

Frei: „Ich bin gut vorbereitet. Ich habe nach der Europameisterschaft

in Finnland, die im August stattfand, noch einmal mein Ausdauertraining

erhöht. In Espoo (Finnland) habe ich über die 800 m Gold und über die

10.000 m Bronze gewonnen. Das war auch mein erster Höhepunkt in der

Saison. Seit August habe ich aber im Prinzip versucht, die Form vom

August zu halten, denn da war ich wirklich fit. Mein letzter Marathon

in diesem Jahr wird dann in Japan stattfinden, genauer in Oita. Dort

gibt es seit 1981, dem ‚Jahr der Behinderten’, einen

Rennrollstuhl-Marathon. Dort fahre ich seit Jahren hin und seit meiner

zehnten Teilnahme im Jahr 1999, bei der ich auch den aktuellen

Weltrekord von 1:20:14 Stunden gefahren bin, habe ich sogar die

Ehrenmitbürgerschaft der Stadt Oita erhalten.“