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Deutsche Bergläufer überraschen in den Pyrenäen

Artikel des Running News Network - runnn.com

„Das war ein tolles Wochenende“, freute sich der deutsche Berglaufchef Wolfgang Münzel nach einem rundum überzeugenden Auftritt der Athleten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes bei den Berglauf-Europameisterschaften in Cauterets in den französischen Pyrenäen. Allen voran überzeugte die Männermannschaft mit den beiden auf den Rängen acht und neun einlaufenden Josef Beha (Unterkirnach) und Timo Zeiler (Trochtelfingen) sowie Markus Jenne (Freiburg). Das Team holte hinter Abonnementsmeister Italien und Frankreich die Bronzemedaille. Es ist die erste Teammedaille bei Europameisterschaften überhaupt. Mit Rang sechs konnten auch die Frauen bei den immer mehr Beachtung innerhalb der europäischen Nationen findenden Berglauf-Titelkämpfen die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen.

Bei den erstmals bei einer EM integrierten Junioren-Wettbewerben zeigten die DLV-Starter eine unerwartet starke Rolle: Die Hanauerin Kerstin Straub holte Silber wie auch die Juniorenmannschaft mit Manuel und René Stöckert (beide Ostheim) sowie Johannes Köhnlein (Mössingen). „Deutschland ist die einzige Nation, die in drei von vier Wettbewerben in die Medaillenränge laufen konnte“, stellte Weltverbands-Generalsrekretär Bruno Gozzelini (Italien) anerkennend fest.

Die äußerst selektive Strecke im bekannten Thermalbadeort Cauterets unweit von Lourdes in den Pyrenäen forderte die über 200 Athleten aus 22 Nationen, zumal das Ziel umgeben von einer traumhaft schönen Gebirgswelt auf einer Höhe von 2.360 Metern lag. Und gerade angesichts der schweren Bedingungen kommt die wieder gewonnene Stärke der deutschen Bergläufer überraschend. „Unsere Trainingsmaßnahme am Hochfelln in Bergen hat sich voll ausgezahlt“, sah sich DLV-Berglaufchef Münzel mit dem neuen Konzept bestätigt. „Wir können den besten Teams Europas wieder auf Augenhöhe begegnen.“

Dies gilt primär für die Männermannschaft, die gegen die überaus stark präsente Konkurrenz über sich hinauswuchs. Den Grundstück legten dabei Josef Beha und Timo Zeiler, die ohne Scheu mit den „großen Namen“ der Szene bravourös mithalten konnten und letztlich beide mit den Rängen acht und neun belohnt wurden. Während sich an der Spitze mit dem erst 21-jährigen Türken Ahmet Aslan ein Außenseiter gegen die favorisierten Italiener Marco de Gasperi und Marco Gaiardo und dem 2:12-Marathonmann Alexander Bolkhovitin durchsetzte, kamen auf den nächsten Rängen durchweg etablierte Berglaufasse ein. Und inmitten dieser Elite platzierten sich die beiden Deutschen, die sich mit großem Ehrgeiz auf dieses europäische Championat vorbereitet hatten, das schon alleine wegen der 13,5 km langen Strecke mit fast 1500 Höhenmetern eine besondere Herausforderung darstellte.

Auch bei den Frauen gab es eine überraschende Konstellation an der Spitze: Die frühere norwegische 10.000 m-Weltklasseläuferin Anita Haakenstad-Evertsen zeigte auf der 8,5 km langen Distanz mit 1050 Höhenmetern ein vorzügliches Rennen und lief im steilen Schlussabschnitt der favorisierten tschechischen Titelverteidigerin Anna Pichrtova auf und davon. Sie holte somit für Norwegen die erste Goldmedaille. Trotz ihrer nicht minder überraschenden Landsfrau Kirsten Otterbu, die Bronze gewann, reichte es allerdings für die Skandinavier nicht zum Mannschaftsgold, das holten sich die sehr kompakt einlaufenden Schweizer Läuferinnen mit 17 Punkten vor der Tschechischen Republik (22) und Italien (29). Hinter Frankreich (33) und Norwegen (42) folgte Deutschland mit einer guten Teamleistung und 58 Punkten auf Rang sechs noch vor Österreich (71) und Großbritannien (71). Beste DLV-Läuferin war dabei die wegen eines Kahnbeinbruches noch gehandikapte mit einer Gipsmanschette laufende Anja Carlsohn auf Rang fünfzehn. Bravourös schlug sich als Neunzehnte Berglauf-Neuling Veronika Ulrich, während Lisa Reisinger als 22. etwas unter Wert blieb. Wie der deutsche Vizemeister Carlo Schuff (Trier) bei den Männern kam die Deutsche Meisterin Carmen Siewert (Greifswald) bei den Frauen auf der äußerst anspruchsvollen Strecke in Grenzbereiche, beide wussten aber mit großem Kampfgeist die Defizite im steilen Geläuf gut zu kompensieren.

Bei der am Montag in Cauterets tagenden Berglaufkommission des Europäischen Leichtathletik-Verbandes (EAA) wird mit Gewissheit entschieden, dass das Europa-Championat im Berglauf 2008 im Schwarzwaldstädtchen Zell-Unterharmersbach ausgetragen werden wird. „Zell ist einziger Kandidat“, so der DLV-Berglauf-Chef Wolfgang Münzel, „so dass es letztlich nur eine Formsache sein wird, dass die Europameisterschaften im kommenden Jahr in Deutschland ausgetragen werden. Der TV Unterharmersbach hat bereits bei Welt- und Europameisterschaften der Senioren auf unterschiedlichen Strecken bewiesen, dass man für derartige Großereignisse ein vorzüglicher Organisator ist. Da die Europameisterschaften aufgrund des jährlichen Wechsels dann auf einer Bergauf-bergab-Strecke ausgetragen werden, spielt die Topographie nur eine sekundäre Rolle!“

Wilfried Raatz